Das Phänomen der Mary Sue

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Metatron
Gelöschter Benutzer

Das Phänomen der Mary Sue

von Metatron am 31.10.2010 15:21

Vielleicht sollten wir zu Beginn erst mal definieren, was eine Mary Sue - oder ihr männliches Pendant, der Gary Sue - eigentlich genau ist.

Urspruenglich war die Mary Sue eine veröffentlichte Romanfigur einer Autorin, die genau all die Fehler bei ihrem Hauptcharakter machte, die heute so verpöhnt sind. Besagte Schreiberin kreierte einen Frauentypus, der schlichtweg, in einem Wort, PERFEKT ist.


Der Waldelb Legolas (hier von Orlando Bloom dargestellt) schrammte in der Verfilmung des Buchklassikers bei vielen Fans haarscharf am Gary Sue vorbei


Der Begriff Mary Sue steht bis heute in Schreiberkreisen fuer eine uebertriebene Darstellung eines -zumeist weiblichen- Charakters, der alles kann, alles weiß, absolut toll und wunderschön ist und keinerlei Schwächen hat. Das Phänomen tritt zumeist im Bereich der Fanfiktions auf und ist durchweg negativ behaftet. Als Schreiber kann man sehr schnell in die Mary Sue Falle tappen, dennoch braucht es schon einiges, um aus einem Charakter eine absolute Sue zu machen.

Hier die Merkmale, woran man eine 100%ige Sue erkennen kann:

- sie ist wunderschon

- super intelligent

- absolut hilfsbereit und barmherzig... sogar zu den Bösewichten. Sie verzeiht alles sogar eine Vergewaltigung

- sie ist begabt auf ALLEN Gebieten des täglichen Lebens. Sie kann ALLES und zwar PERFEKT!!!

- meist bezaubert sie alle männlichen Charaktere, die ihr ueber den Weg laufen, mit ihrem Charme und ihrem Sexappeal

- sie bezaubert auch die weiblichen Charaktere, die ihr ueber dne Weg laufen, weil sie eine absolut Göttin ist und sie wohl alle Frauen der Welt zur Freundin haben möchten

- trotz ihres femininen Auftretens ist die Sue unglaublich stark und könnte sogar mit Herkules den Boden aufwischen

- sie spricht mindestens zwölf Sprachen ungebrochen

- beherrscht alle möglichen Kampfstile, von Karate ueber Tai Bo bis ihn zum -fuer sie- kinderleichten Schwertkampf (wohlgemerkt kann sie einen Zweihänder schwingen als sei es ein Brotmesser)

- Quantenphysikerin, Diplomärztin, Opernsängerin (inkulusive acht Oktavenstimme), Fashionguru, Musikgott, Multimanager und Supermodel in einem

- durchweg immer die Tochter eines Kaisers/Königs/Präsidenten oder sonst einer wichtigen Persönlichkeit.

- egal wie furchtbar die Situation auch ist, die Mary Sue behält immer einen kuehlen Kopf, steht ueber den schlimmsten Grausamkeiten und weiß aus jeder Notlage einen Weg

Nun fragt man sich natuerlich, was denn so falsch daran ist, eine Hauptfigur zu erschaffen, die selbstständig ist und der nichts und niemand, nicht einmal der schlimmste Oberbösewicht, etwas anhaben kann. Besonders wenn es ein selbstkreierter Charakter ist, dem man eigentlich nur das Beste mit auf den Weg geben will.

Wie man aber aus den Stichpunkten entnehmen kann, sind all diese Eigenschaften - so wunderbar sie auch sein mögen - fuer einen Hauptcharakter völlig ungeeignet, da der Leser sich nicht mit der Sue identifizieren kann.

Nimmt man ein Buch zur Hand, so ist es mit den Protagonisten genauso, als wuerde man einen fremden Menschen auf der Straße treffen und mit ihm ins Gespräch kommen. Im Verlauf erfährt man viel ueber Vergangenheit, Schwächen/Ängste und Gefuehle. Eben all die Ecken und Kanten, die einen Menschen erst liebenswert machen.

Ist dieser jemand aber perfekt, so wird man sich mit Grausen abwenden, da niemand jemanden kennen will, der einen selbst wie ein kleines, unbedeutendes Licht erscheinen lässt. Die Mary Sue ueberfluegelt den Leser in ihrer Perfektion und zeigt ihm, dass er nur, auf gut Deutsch, Muell ist.
Sowas macht die Figur unsympathisch, immerhin entwickelt der Leser beim lesen der Story eine Art "Freundschaft" zum Hauptcharakter, leidet und lacht mit ihm. Das ist diese magische Bindung zwischen Leser und Protagonist, die ihn in die Geschichte eintauchen und sie miterleben lässt.


Bevor sich Crystal Dynamics ihrer annahm, galt Lara Croft (hier dargestellt von Angelina Jolie) bei Kritikern in vielerlei Hinsicht als ueberzogenes Frauenideal.


Ja, der Hauptcharakter soll auch mal auf die Nase fallen, Fehler machen und auch mal Angst haben. In ausweglosen Situationen verzweifeln und weinen, wenn er traurig ist. Das sind echte Emotionen. Eine Sue aber ist wie aus Plasitk. Huebsch anzusehen, aber innen völlig hohl, leer und ohne Tiefe.

Oftmals entsteht eine Sue aus dem Wunsch des Autors heraus. Er projeziert seine Wuensche nach Perfektion und allseitiger Beliebtheit auf diesen Charakter, vergisst dabei allerdings den Leser. Sicher, als Schreiber drueckt man seinen Figuren immer eine eigenen Stempel auf, doch sollte dieser gewiss nicht die Aufschrift: "Unantastbar" tragen.

Wie steht ihr zum Thema Mary Sues?
Habt ihr schon einmal festgestellt in euren eigenen Geschichten eine Mary erschaffen zu haben?
Was war die schlimmste Sue, die ihr je gelesen habt?

Immer her mit euren Meinungen.

Alles Liebe,
Metatron
xoxo

Antworten Zuletzt bearbeitet am 02.11.2010 09:12.

Yamuri

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Re: Das Phänomen der Mary Sue

von Yamuri am 03.11.2010 09:54

Hm.... Ich muss gestehen, dass ich dem Thema etwas skeptisch gegenüber stehe. Denn mir sind bereits Menschen begegnet, die sehr leichtfertig über Charaktere geurteilt haben und alles was ihnen nicht in den Kram passte als Sue oder Stu abstempelten, ungeachtet dessen, ob der Chara Fehler und Schwächen hatte. Diese Fehler wurden dann tunlichst übersehen und bei der Kritik nur die Stärken des Charas angeprangert.

Ich finde es toll, dass du versucht hast den Begriff zu definieren, denn meist sind jene Leute, die laut schreien wenn es um das Thema geht, selbst nicht in der Lage schlüssig darzulegen was eine Mary Sue eigentlich sein soll.

Wenn ich mir deine Definition allerdings so ansehe, dann gestehe ich, dass ich noch nie eine Geschichte gelesen habe, in der ein solcher Charakter tasächlich vorkam. Denn nur ein perfektes Wesen kann auch einen perfekten Charakter erschaffen.

Vielleicht sollte man bei dem Thema eher fragen, wodurch wirken Charas manchmal wie Mary Sues oder Gary Stus obwohl sie es bei genauem hinsehen vielleicht gar nicht sind. Denn wie gesagt, nur ein perfekter Mensch wäre in der Lage einen wirklich perfekten und idealisierten Charakter zu erschaffen.

Das Hauptproblem bei der Darstellung eines Charas sind die Wiederholungen dessen was er kann und ist. Wenn ständig aufs neue gesagt wird wie hübsch jemand ist oder wie gut er/sie dies oder jenes kann, dann beginnt es uns zu nerven. Nicht weil es perfekt wirkt, sondern eigentlich weil wir uns gegängelt fühlen und das Empfinden entsteht der Autor denke wohl, dass wir uns nicht merken konnten wie der Chara aussieht oder was er kann. Die Schwächen des Charas treten dabei automatisch in den Hintergrund, wenn der Autor sich stetig in seinen postiven Beschreibungen wiederholt und diese hervorhebt.

Nun gibt es Autoren, die sich denken 'ich bin schlau' ich drehe den spieß um und wiederhole einfach die Schwächen. In diesem Fall wird das selbe passieren wie beim Wiederholen der positiven Seiten. Nach einer Weile werden wir von dem Charakter genervt sein, weil er nie was auf die Reihe kriegt und ein absoluter Versager ist. Das Mitleid das wir am Anfang vielleicht hatten schlägt dann in Abneigung um.

Die Kunst beim Schreiben ist es die goldene Mitte zu finden, was nicht immer so einfach ist. Hinzu kommt, dass jeder Mensch anders an eine Geschichte herangeht, individuelle Vorlieben hat, eine subjektive Sichtweise der Charaktere und Interpretation des Geschehens. Auch spielt beim Schreiben der Bildungsgrad eines Menschen mit eine wichtige Rolle. Ich vage zu behaupten, dass der Bildungsgrad eines Menschen mitbestimmt wie intelligent und kompetent seine Charaktere wirken. Denn wir werden unsere Charaktere immer ein Stück weit an uns und unserer Umgebung messen. Umgeben wir uns mit Gelehrten, werden unsre Charas vielleicht auch eher von diesem Schlag sein. Sind wir aber in schlechten Verhältnissen aufgewachsen, umgeben uns mit Leuten, die schon mit dem Gesetz in Konflikt traten, beeinflusst das unsere Schreibweise und Charakterinterpretation ebenso.

Um zu verstehen warum ein Mensch wie schreibt oder weshalb ein Mensch einen Charakter vielleicht ganz anders wahrnimmt als der Autor es tut, müssen wir seine Vorgeschichte kennen, was wir in den seltensten Fällen tun. Auch muss uns bewusst sein, wir werden es nie allen Recht machen können. Es gibt keine Charaktere die allen Menschen sympathisch sein werden. Irgendjemand wird etwas auszusetzen haben, da wir nunmal alle verschieden sind. Von daher bin ich sehr vorsichtig mit dem Begriff Mary Sue. Es ist ein Stempel, ein Label, das mir einfach zu stark von subjektiven Empfindungen abhängig ist als das ich es verwenden möchte.

Hm, das war jetzt ein kleiner Aufsatz der wahrscheinlich ein bsichen am Thema vorbei war, aber das sind so meien Assoziationen und Gedanken zu Thema selbst. Ich finde es besser keine Label zu verwenden, sondern 'wenn uns ein Chara nicht gefällt' ehrlich darzulegen, was uns (aus unserer subejtiven Perspektive heraus) an dem Chara nicht gefällt und was man verbessern könnte. Das halte ich für konstruktivere Kritik und einen sinnvolleren Umgang. xD Aber das ist nur meine Ansicht dazu und jeder muss für sich selbst entscheiden, wie er/sie damit umgehen möchte.

edit: Allerdings die Sache mit dem kritisieren von Charakteren ist auch wieder so eine Sache. Ich stelle grade fest, dass ich mich da unglücklich ausgedrückt habe. Eigentlich ist es nicht der Charakter, sondern die Darstellung die man kritisieren sollte in manchen Fällen. Beispielsweise (nur einmal erwähnen was ein Chara kann), ihn bewusst nicht ständig die Antworten auf Fragen, welche gestellt werden, geben lassen. Selbst wenn der Autor sich vorstellt, dass der Chara die Antwort auch kennt. Manchmal ist es besser den Chara einfach schweigen zu lassen und jemand anderen die Information darlegen zu lassen. Dadurch entsteht beim Leser das Gefühl, dass alle Charaktere auf einem Level sind. Fühlt sich ein Leser dann von allen Charas überflügelt, sollte er oder sie überlegen ob sein eigener Wissensstand eben einfach geringer ist als der des Autors und nicht den Autor dafür bestrafen, dass er mehr weiß oder Menschen kennt, die sich tatsächlich so benehmen oder soviel wissen wie in der Geschichte dargestellt.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 03.11.2010 12:37.

Metatron
Gelöschter Benutzer

Re: Das Phänomen der Mary Sue

von Metatron am 13.11.2010 00:53

Nein, du bist nicht am Thema vorbei, Yamuri ^^ Ich finde, dass das ein wunderbares Gegenwort zu meinen Assoizationen einer Sue ist.

Freilich muss ich dir Recht geben, wenn du sagst, dass viele Leser, aus welchen Gruenden auch immer, sehr schnell mit dem Begriff Sue um sich werfen und eine Geschichte nebst den Hauptcharakter und demzufolge auch den Autor damit brandmarken. Doch diese Leute denken meist in Klischees und können kaum aus ihrem Kastendenken heraus.

Natuerlich hat es in der Kritik des Lesers etwas zu suchen, wenn ihm der Char unsympathisch ist, doch wer objektiv an eine Story herangeht, der wird dies vernuenftig und nachvollziehbar äußern und nicht gleich den Sue Stempel zuecken. ;-) Ich habe es noch nie erlebt, dass jemand, vor allem auf FF.de, vorzeitig des Prädikat "Mary Sue" vergeben hat, ohne seine Beweggruende dazu niederzulegen.

Es ist mir durchaus schon passiert, dass ich ueber Geschichten gestolpert bin, bei denen selbst ich (und ich gehöre zu einer sehr geduldigen Sorte von Leser, der viele Fehler verzeiht) sagen musste, dass der Charakter eine Sue ist.
Damit war wirklich der Charakter gemeint, denn an den schreiberischen Fähigkeiten des betreffenden Autors gab es nichts zu bemängeln. Dieserhalb war es um so trauriger, dass die Hauptfigur weit hinter den erzählerischen Fähigkeiten zurueck blieb und wirklich wie aus Plastik wirkte.

Sicher, nur ein perfektes Wesen kann auch einen perfekten Charakter erschaffen, doch meist wird versucht Perfektion zu erzwingen und weil das nicht möglich ist fuer uns Menschen, kommt die Hauptfigur hölzern und leer herueber. Denn als Leser hat man, egal ob man nun Fantasy, Horror, Krimi oder ein sonstiges Genre ließt, immer den Bezug zur Realität im Hinterkopf. Eine Sue läuft aber völlig konform damit.
Selbst in der abgedrehtesten Fantasy Geschichte, wo es von starken Kriegerinnen nur so wimmelt, hat eine Sue selten etwas verloren. Kriegerisch darf man sein, doch zieht dieser Lebensstil auch Kehrseiten mit sich. Es ist nun mal wie im echten Leben, wo wir nicht alles auf einmal haben können.

"Sie war so ein schönes Baby, dass das halbe Dorf kam, um sie zu bestaunen."
"Sie war mit zwölf bereits die Schönste auf der Insel."
"Sie hatte einen nahezu perfekten Körper."
"Sie war die beste Schwertkämpferin der Stadt. Sie war von ihrem Vater trainiert worden, doch mit sieben Jahren (!!!) konnte er ihr nichts mehr beibringen und so lehrte sie sich schließlich selber."
"Sie gewann das Turnier mit Leichtigkeit, denn sie war eine Meisterin, der niemand das Wasser reichen konnte."

Bei solchen Sätzen wird es mir schlecht. Ich weiß nicht wie es euch da geht, doch wenn man im ersten Kapitel gleich mit solch einer Flut (dies waren nur ein paar Auszuege) bombardiert wird, dann klickt man doch schnell wieder weg. Das erste Kapitel ist meist der Aufhänger der Geschichte, der uns Setting, ansätze vom Plot und die Charaktere näher bringen soll, ja, aber wenn sich 3000 Wörter nur um die Großartigkeit der Dame mit dem nahezu perfekten Körper drehen, dann ist bei mir doch schnell Ende Gelände.

Mit Verlaub, aber ich habe schon unzählige Charaktere vorgesetzt bekommen, die keinerlei Schwächen hatten. Was will ich als Leser damit? Ist schön, dass diese Wesen alles können, doch letztlich soll ein Protagonist an seinen Abenteuern wachsen, doch wenn er eh schon perfekt ist und nichts mehr lernen braucht, wieso dann eine Geschichte?

Das schöne an Stories ist ja zu sehen, wie die Schreiber an ihre Aufgabe gehen, denn man selbst kann sich vielleicht einige Tricks und Kniffe abschauen, doch eine Sue ist nicht unbedingt das, was ich lernen will. So gesehen ist eine Geschichte immer ein Konglomerat, eine goldene Mitte, aus passend beschriebenen, nachvollziehbaren Emotionen, Umgebungen und liebevoll ausgearbeiteten Charas (egal ob gut oder böse). Das sind die Grundregeln, an die man sich, egal wie man eine Story nun anpackt, halten sollte.
Da hilft auch nicht, wenn man gottbegnadet ist. Ist der Hauptcharakter ohne Tiefe, dann kann man die Story in den Muell treten, denn mit dem Protagonist steht und fällt der gesamte Plot.

Metatron
xoxo

Antworten Zuletzt bearbeitet am 13.11.2010 00:56.

Yamuri

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Re: Das Phänomen der Mary Sue

von Yamuri am 13.11.2010 15:08

Danke. xD

Ich denke, dass ich es bisher wirklich geschafft habe mich immer geschickt an Geschichten vorbei zu schlängeln, die sich um 'echte Mary Sues' drehten. Liegt vielleicht daran, dass ich normalerweise FFs in denen selbsterfundene Charas vorkommen nicht lese, es sei denn sie wird mir empfohlen. Zum anderen ist meine Toleranzgrenze was Charaktere, die nahezu alles können, sehr hoch.

Das liegt mit daran, dass ich im realen Leben Menschen kenne, denen auch alles gelingt, die bei jedem Thema kompetent mitreden können und einfach alles zu können scheinen, weshalb mir die Existenz solcher Personen nicht unlogisch erscheint. Meine Schwester hat einen solchen Kollegen. Verständlicherweise ist sie nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen. Dieser Mensch weiß immer alles besser und leider stellt sich das was er sagt immer als sinnvoll und größtenteils richtig heraus. Das Problem bei solchen Charas in FFs ist, dass der Umgang ihrer Umwelt mit dem Chara in den FFs meist unrealistisch dargestellt wird. Denn Menschen die alles können sind vielleicht oberflächlich betrachtet beliebt bei anderen, aber in Wahrheit kann sie eigentlich keiner wirklich leiden. Solange man von ihnen beruflich profitieren kann ist es ok, aber privat will man eigentlich nichts mit ihnen zu tun haben.

Es gibt ja auch Canon Charaktere, bei denen dieses Phänomen auftritt und jüngst ist mir aufgefallen, dass ich bei solchen Charakteren dazu tendiere mir im Kopf Geschichten auszudenken in denen diese Charaktere einem anderen Menschen hilflos ausgeliefert sind und sich nicht aus eigener Kraft befreien können. Nach dem Motto, wenigstens diese Sache sollen sie nicht können, abschätzen welche Menschen ihnen was böses wollen und welche nicht.

Du hast Recht mit den von dir erwähnten Sätzen. Soetwas würde ich auch nicht mögen. Wobei ich an dieser Stelle auch sagen würde, der Autor hat es sich sehr leicht gemacht mit den Formulierungen. Es sind platte Beschreibungungen mit denen sich der Autor davor drückt den Charakter wirklich in seiner Gänze zu beschreiben.
Was will ich als Leser beispielsweise mit dem Satz 'Sie hatte einen nahezu perfekten Körper' anfangen? Was soll ich mir darunter vorstellen? Ich will lesen wie der Charakter aussieht und wie die Umgebung den Charakter empfindet. Aber nicht solche Zustandssätze, die genaugenommen gar nichts aussagen und nur dahingeworfen sind weil der Autor wohl selbst keine genaue Vorstellung hat oder Angst hat, dass andere den Chara nicht so hübsch finden könnten wie er/sie selbst es tut. Aber Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters.
Daher sollte man auch Sätze wie 'sie oder er ist der oder die Schönste' nicht im Fließtext benutzen. Wenn ein anderer Charakter sagt, 'ich hab' gehört sie soll die Beste oder die Schönste sein', dann ist das was anderes. Denn der Ruf einer Person muss mit der Realität ja nichts gemein haben und nicht jeder muss mit der Meinung der Mehrheit übereinstimmen. Nur weil jemand posaunt, dass XY toll ist, muss ich das noch lange nicht für bahre Münze nehmen.

Der Punkt den du hier erwähnt hast ist es auch, den ich meinte als ich von 'sprachlichen Mängeln sprach'. Für mich ist es ein Mängel in der Fähigkeit des Autors sich auszudrücken, wenn es ihm nicht geling Handlungen/Personen/Umgebungen/Gefühle zu beschreiben ohne mit flachen Ausdrücken und platten Zustandssätzen um sich zu werfen. Ich bin sicher auch nicht perfekt und ich mache in dieser Hinsicht sicher auch Fehler. Aber die Art wie wir beschreiben, wie wir uns ausdrücken bestimmt eben mit, wie unsere Leser unsere Charas dann empfinden.

Aber du hast sicher auch Recht, dass es Leute gibt, die den Chara auch ganz genauso gedacht haben wie sie ihn darstellen 'nämlich perfekt'. Ich neige nur dazu wegzusehen wenn es darum geht und mir zu sagen, ach, der kann sich nur sprachlich nicht so gut ausdrücken. Vermutlich bin ich in dieser Hinsicht was die Intention anderer Autoren anbelangt manchmal etwas naiv. xD

Antworten Zuletzt bearbeitet am 13.11.2010 15:25.

Metatron
Gelöschter Benutzer

Re: Das Phänomen der Mary Sue

von Metatron am 14.11.2010 05:20

Also, ich denke schon, dass viele Autoren ihren Chars gerne ein dickes Power up spendieren. Besonders in den Sektionen der Mangas ist das zu beobachten, da es da meist, schon von den Originalfiguren aus, nur so vor Superlativen wimmelt. Da soll der OC natuerlich nicht zu schwach erscheinen, dennoch schießen manche ueber dieses gut gemeinte Ziel hinaus.

Das ist aber auch sehr verlockend und ich selbst kämpfe bei einer meiner älteren Stories vehement dagegen an meine Protagonistin zu einer Sue verkommen zu lassen. Wenn ich heute so ueber den Text lese, sträuben sich mir teilweise die Haare. Zu einem hat sich mein Stil sehr stark verändert, zu anderm erkennt man ganz deutlich die kleine Sue, der ich im Laufe der Story immer mehr den Gar ausgemacht habe/ machen werde. Da kommt mir die Form der ersten Person sehr gelegen, denn die verhindert es, dass aus Gabriel eine Mary wird. Diie Protagonistin sieht sich freilich anders als ihre Mitmenschen. Durch die Interaktion mit ihnen werden ihre Schwächen Stueck fuer Stueck deutlicher und machen klar, dass die junge Frau noch viel zu lernen hat und die Welt in der sie lebt nicht einfach so, schwärmerisch von ihr ausgemalt, mit einem Fingerschnippsen verändern kann.

Sicher, ich habe auch schon PM´s bekommen, die mir sagten, dass sie Gabriel nicht mochten. Vor allem ihre anfängliche Naivität und ihren Uebermut. :lol: Aber das ist, denke ich normal. Nicht jeder ist uns sympathisch und die Leser waren reichlich verzueckt, als Gabriel das erste Mal gehörig auf die Nase fiel.
Ich will damit sagen, dass auch eine Story mit einem "unsympathischen" Hauptchar durchaus lesenswert sein kann, wenn man damit die eigene Schadenfreue befriedigen darf.

Wenn man nicht gerade in der Ich- Form schreibt, dann ist es unratsam plumpe Formulierungen zu nutzen: "Sie ist die Schönste.", kommt nicht gut, denn vom Autor, der die Story erzählt, erwartet man schließlich doch eine gewisse Neutralität. Er sollte es eben vermeiden den Hauptchar zu hypen. Es wuerde auch reichen, wenn er geschickt umschreiben wuerde: "Sie war huebsch, so befanden einige, doch besah sie sich ihr Spiegelbild, wie viele Frauen, recht kritisch."
Das macht doch gleich viel sympathischer und vor allem findet sich der Leser zu Teilen- darin wieder. Wer von uns zweifelt nicht manchmal vor dem Spiegel und dreht sich pruefend von links nach rechts? Damit wäre die erste Mary Sue Stolperstelle uebersprungen.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 14.11.2010 05:22.

Yamuri

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Re: Das Phänomen der Mary Sue

von Yamuri am 14.11.2010 12:10

Mir ist es mal in einem RPG mit einem Canon-Chara passiert, dass eine Mitspielerin meinte, ich würde den Chara zu einem Gary Stue machen. Das Problem dabei war, ich versuchte krampfhaft den Chara In-Chara zu schreiben. In der Serie wurde der Chara als eher distanziert, teilweise arrogant dargestellt, der seine Mitmenschen oftmals hart kritisierte, womit er dummerweise auch meist recht hatte. Seine Kameraden waren sehr faul und ohne eine strenge Hand, wäre aus ihnen nichts geworden. Er wirkte in seiner Art manchmal älter als er war und was er tat war meist mit Erfolg gekrönt. Im RPG habe ich diese Seite sehr stark beschrieben. Was mir aber scheinbar nicht so gut dabei gelang war seine zwischenmenschliche Unzulänglichkeit darzustellen, wodurch die Mitspielerin den Eindruck gewann der Chara könne und wisse immer alles. Dabei hatte er ein großes Defizit was den Umgang mit andren anbelangte.

Was bei manchen Serien, besonders bei Naruto, ein Problem ist - die Canon Charas sind bereits dermaßen überpowert, dass ein eigener Chara nur mithalten kann, wenn man ihn denn auch entsprechend hochpowert. Ansonsten hätte er keine Chance. (Ist mit ein Grund waurm ich Naruto nicht mehr schaue, weil mir das hochpushen der Charas, wozu Kishimoto durch seine Idee mit den Bijuus sich fast schon selbst gezwungen hat, nicht mag.)

Was mir auch aufgefallen ist. Viele neigen dazu Charas, die mit Charas aus der Serie verwandt sind, sofort den Stempel Mary/Gary Sue/Stu aufzudrücken. Wie siehst du das? Du hast ja, wie ich, Whitebeard auch eine Tochter angedichtet. xD Bei mir ergab sich das einfach auch so schön. Bei Naruto hatte ich auch mal einen weiblichen Chara erfunden, die von Zabuza abstammte und eine die fern verwandt war mit Kimimaro, da ihr Vater vom Kaguya Clan war, ihre Mutter aber aus einem anderen Reich und die Eltern getrennt lebten.

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Metatron
Gelöschter Benutzer

Re: Das Phänomen der Mary Sue

von Metatron am 14.11.2010 19:21

Nun ja, zwangsläufig dichte ich den OC ungern eine direkte Blutsverwandtschaft zu bedeutenden Charakteren an, wobei dies nun nicht zwangsläufig mit einer Mary einhergehen muss. Meine aufgezählten Punkte, und da habe ich mich vielleicht undeutlich ausgedrueckt, sind nur zusammenhängend (also wenn der OC alle Vorgaben erfuellt) als Sue anzusehen. Bei Whitebeard hat sich das schön angeboten, zumal die Story, wenn er nicht der Vater gewesen wäre, nicht solch eine dramatische Wendung genommen hätte.

Es kommt ja auch immer drauf an, wie man die Familienzugehörigkeit ein - und ausbaut.

Selbst ein OC aus "legendären" Familienverhältnissen kann, im Gegensatz zu seinen Erzeugern, ganz normal sein. Wir wissen ja schließlich, dass sich Whitebeards Haki nicht zwangsläufig vererben muss.
Ich wollte den OC sehr gewöhnlich gestalten, zumal ich ja in der zweiten Person schreibe und der Leser sich wiederfinden sollte. Da hätte eine Mary Sue Amazone nicht gepasst. Der OC wurstelt sich halt so durch und nebenbei hat sie ja die WBB, die auf sie aufpasst. Warum muss sie dann einen Power up gekommen?
Mein OC, der ja keiner ist, da er ein gesichtsloses, stereotypes Ding ist, kann schwer erklärt werden, denn ich betrachte ihn auch nicht wirklich als OC, denn meine OC sehen in der Tat anders aus. Sie haben echte Emotionen, eine tiefe Vergangenheit, Fehler, Schwächen, Stärken und sind vor allem eines: menschlich. So gesehen ist der Leser in einem Readerinsert nichts weiter als ein unausgebauter Sidekick mit ein paar Auftritten, die man so tarnt, dass der Leser glaubt er wäre tatsächlich die Hauptfigur. Prinzipiell ist ein Insertchar ein Lueckenfueller fuer die Wuensche der Leser selbst ein Teil der Geschichte zu sein. Dieser Leercharakter ist weder als Sue zu betrachten, noch als OC.

Erzählerisch eigentlich ein Unding, denn der Insert ist genau das, was man als "schlechten" Protagonisten bezeichnet. :red:

Antworten Zuletzt bearbeitet am 16.11.2010 10:10.

Yamuri

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Bleep-chan

Beiträge: 164

Re: Das Phänomen der Mary Sue

von Yamuri am 16.11.2010 08:24

Interessante Interpretation deines OCs in den Fanfictions, welche du in der zweiten Person geschrieben hast. So habe ich das noch gar nicht gesehen. xD Ich fand nur einfach die Idee als solche an sich genial und von dir super umgesetzt.

A propos Mary Sue/Gary Stu. Wie wärs wenn wir für unsre Community hier nen Thread eröffnen, in welchem man Biografien von OCs posten kann und dann drüber spricht in wie weit der OC verbessert werden kann und wie stark, oder ob überhaupt der Chara Stu/Sue Tendenzen zeigt?

Oftmals merkt man selbst auch gar nicht, wenn man den Chara zu sehr pusht und da kann es hilfreich sein, sich Meinungen von andren einzuholen. xD

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Metatron
Gelöschter Benutzer

Re: Das Phänomen der Mary Sue

von Metatron am 16.11.2010 08:58

Warum nicht, ich finde diese Idee klasse. :D Dazu is das Forum ja da. Ich wollte diesen Teil das Forums sowieso noch weiter mit meinen Hirnpupsen besprenkeln, da Fanfiktions nun mal, als Hobby, ein fester und nicht unbedeutender Bestandteil meines Lebens sind.

Aber das is eigentlich off topic und ich als Mod ohrfeige mich gerade selbst dafuer. 8-(

Meta
xoxo

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Some
Gelöschter Benutzer

Re: Das Phänomen der Mary Sue

von Some am 29.01.2011 13:13

Also eine eigene Mary Sue habe ich noch nicht erschaffen, mag wohl daran liegen, dass ich außer ein paar Rentnern in Digimon-FFs, keine eigenen Charaktere erschaffe.
Dennoch kann ich verstehen, wie dieses Bild zustande kommt, zumal Mary Sue-Schreiber meistens sehr jung sind und/oder das erste Mal etwas schreiben.
Man selbst möchte gerne einen Teil von sich in dieser Fiktion wiedersehen und, wie der Mensch nun einmal zum Überschätzen geneigt ist, wird der einem selbst nachempfundene Charakter eben etwas mehr gepusht als die anderen.

Was mich aber wundert, ist die Tatsache, dass so viele Leute so etwas gerne lesen. Ein übertriebener Prota, der in 99% der Fälle mit dem eigenen Lieblingschara eine Liebelei anfängt. Denn zumindest mir persönlich stoßen solche Superweiber sauer auf. Mag man jetzt interpretieren, wie man möchte, aber ich kriege bei solchen Leuten ohne Fehler, die mit ihrer Schönheit Regenbögen erschaffen können und veränderbare Augen und zig tausend Haarfarben haben, einen Hals. Ganz besonders dann, wenn sie eine charaktertiefe von einem trockenen Brotkrumme haben. Ganz ehrlich, man kann gerne hübnsche Charaktere entwerfen, so wie eben das Schöhnheitsideal im jeweiligen Fandom ist (wäre ja auch anderseits seltsam, wenn ein weiblicher Chara bei Op "nur" mit nem B-Korb rumläuft), aber das wahrte Problem liegt wohl in der Ausarbeitung des Charakters. Es scheint mir, als traue man sich nicht dem eigenen Charakter Fehler zu geben, z.B. dass er/sie leicht aus der Hose fährt und mal jemanden verärgert, dass er/sie eben eine Zeit braucht, bis er mit anderen Menschen warm wird oder was ich meistens vermisse, dass er/sie einfach ein wenig verrückt ist. Ja, der Großteil, der mir unter die Augen gekommen ist, ist nett, wunderschön, schließt mit jedem sofort Freundschaft und kann sich mit zig anderen den Ausweis "Mary Sue Musterfrau" teilen.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 29.01.2011 16:13.
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